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sorgen Sie sich nicht, alles wird gut! So könnte man die Botschaft auf den Punkt bringen, die Energiekonzerne wie RWE, Shell, BP und Co. seit Jahren wiederholen – und wie ich sie letztens in einem Kino-Spot vor dem Film „Oppenheimer“ wieder zu sehen bekam. Schon eine ironische Parallele, die Werbung für klimaschädliche Energiekonzerne so direkt vor ein Kino-Opus über den Vater der Atombombe zu setzen. Während es auf unserem Planeten gefühlt überall brennt – wie gerade auf Hawaii – oder Flüsse aufgrund von schmelzenden Gletschern so stark anschwellen, dass sie ganze Dörfer mit sich reißen – wie in Alaska oder Slowenien – werben fossile Konzerne mit Windrädern auf hoher See unter blauem Himmel, mit Solarparks im Sonnenuntergang und mit futuristischen Pilotanlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff. Man muss schon lange auf ihren Webseiten herumklicken, um überhaupt mal eine Pipeline oder einen Bohrturm zu sehen. Alles sauber, alles auf einem guten Weg also?

Wir haben es eher mit einer Atombombenexplosion in Zeitlupe zu tun. Wir verbrennen so viele fossile Brennstoffe wie noch nie, die Emissionen steigen und steigen. Shell zum Beispiel kündigte im Juni an, seine Pläne aufzugeben, die Öl- und Gasproduktion bis zum Ende des Jahrzehnts zu drosseln – und stattdessen die Fördermengen womöglich sogar zu erweitern. „Eine rücksichtslose Fokussierung auf die profitabelsten Vermögenswerte“, nennt Shell-Chef Wael Sawan das zur Freude seiner Anleger. BP verkündete eine ähnliche Kehrtwende, kurz danach stiegen auch hier die Aktienkurse stark an. Exxon Mobile stellte klar, dass „es höchst unwahrscheinlich ist, dass die Gesellschaft die Verschlechterung des globalen Lebensstandards akzeptieren würde“, die erforderlich wäre, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Ein Wahnsinnssatz, wenn man bedenkt, dass an manchen Orten auf der Nordhalbkugel bereits Temperaturen erreicht werden, die an die Grenzen des menschlichen Überlebens stoßen. 

Lizenzen zum Pumpen

Shell weist sogar von sich, Klimaziele überhaupt beeinflussen zu können: „Wenn die Gesellschaft es nicht schafft, dann auch wir nicht.“ Ironischerweise stimmt das sogar ein bisschen, denn der Großteil der weltweiten Reserven wird von Unternehmen im Staatsbesitz gefördert. Und Regierungen arbeiten fleißig am fossilen Ausbau mit: So erklärte der britische Premier Richi Sunak kürzlich, über hundert neue Lizenzen zur Erschließung neuer Öl- und Gasquellen zu erteilen.

Alle Klimaversprechen und Investitionen in Erneuerbare Energien verblassen angesichts der massiven fossilen Expansion, die mit aller Macht vorangetrieben wird: Laut der Internationalen Energieagentur geben Öl- und Gasunternehmen in diesem Jahr voraussichtlich mehr als 500 Milliarden Dollar für die Suche, die Förderung und das Raffinieren neuer Öl- und Gasvorkommen aus. 425 solcher Großprojekte sind in den kommenden Jahren geplant, oft in Naturschutzgebieten oder im Meer. Allein Exxon gibt dafür 21 Millionen Dollar aus. Am Tag.

Zahlen, die man erst einmal verdauen muss. Wir in der Redaktion haben uns gefragt: Wie kann das sein? Wer ist dafür verantwortlich? Und warum stoppt niemand diese Menschen, die uns immer tiefer in die Klimakrise reiten? Die neue Ausgabe des Greenpeace Magazins mit dem Titel „Die Dunkelmänner“ dreht sich um die Supermacht, die unsere Welt als fossilen Selbstbedienungsladen begreift – und dabei unsere Demokratie bedroht. 

Der freundliche Ölmanager von nebenan

Mein Kollege Fred Grimm schreibt in seinem Essay über den auch in Deutschland tobenden Kulturkampf, in dem offene und versteckte Lobbyisten für fossile Konzerne den Klimaschutz demontieren. Kein Gedankengang ist absurd genug, um ihn nicht auszusprechen: Da fantasiert ein Markus Söder, immerhin bayrischer Ministerpräsident, von „Zwangsveganismus“ und einem „Bratwurstverbot“ – was nicht mal auf der Agenda der härtesten Grünen steht. Und Frank Schäffler, der immer einflussreichere „Klimaskeptiker“ aus der FDP-Bundestagsfraktion sieht die Wärmepumpe – oder zumindest das neue Gebäudeenergiegesetz – schon als „Atombombe für das Land“. Offensichtlich hat er den „Oppenheimer“-Film noch nicht gesehen.

In Ostafrika, in Argentinien, vor Rügen und vor Wilhelmshaven haben wir vor Ort beobachtet, was die Öl- und Gasindustrie dort mit der Natur, den Menschen und den Tieren anstellt. Und damit die Verantwortlichen dafür endlich etwas prominenter werden, stellen wir Ihnen die CEOs der zwölf größten fossilen Konzerne einfach mal vor. Ob wir sie wegen fahrlässiger Tötung demnächst vor Gericht wiedersehen, erklärt uns Christina Voigt, Rechtsprofessorin und Fachfrau für internationales Umwelt- und Klimarecht, im Interview.

Frauke Ladleif und Monika Rößiger widmen sich in einem großen Report dem Hype um den grünen Wasserstoff, mit dem wir angeblich bald heizen, fahren, Stahl erzeugen und fliegen sollen – erfahren Sie, wieviel hinter diesen Versprechen steckt, wer davon profitiert und wo der „Champagner der Energiewende“ wirklich sinnvoll zum Einsatz käme.

Im zweiten Teil des Heftes finden Sie weitere inspirierende Geschichten: Etwa über junge Skaterinnen in Indien, die auf Ihren Boards zugleich mit patriarchalen Strukturen und traditionellen Frauenklischees brechen. Außerdem hat Technik-Experte Nikolaus Fecht für uns recherchiert, wie das Auto der Zukunft aussehen könnte – das fünfzig Jahre durchhält. Lego hat auch etwas damit zu tun. Und wenn Sie schon immer mal Pilze sammeln wollten, sich aber länger nicht mehr getraut haben, erklären wir in unserem Servicebeitrag passend zur Saison, wie man die Essbaren von den Giftigen unterscheidet.

Einladung zum Gespräch

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Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre und ein schönes Wochenende!

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Anje Jager
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Unser Redakteur Thomas Merten fördert im neuen Greenpeace Magazin einiges zutage
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Thomas Merten
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