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Seit zwei Monaten wüten verheerende Brände in Kalifornien. Auch die Tierwelt leidet. Ein Berglöwen-Baby, das die Flammenhölle nur knapp überlebt hat, ist jetzt das Symbol der Naturkatastrophe.

Oakland (dpa) - Das Feuerdrama hat «Captain Cal» schwer gezeichnet: die Pfoten des Berglöwen-Babys sind dick bandagiert, seine Schnurrhaare sind bis auf kleine Stummeln abgebrannt, das hellbraune Fell ist an einigen Stellen versengt. Doch die kleine, verwaiste Raubkatze hatte mitten in dem Inferno des sogenannten Zogg-Feuers in Nordkalifornien wohl einen Schutzengel. Ein Feuerwehrmann entdeckte das gerade vier bis sechs Wochen alte schwer verletzte Tierbaby, das nun im Zoo von Oakland aufgepäppelt wird.

«Ich dachte nicht, dass es überleben würde», berichtet die Veterinärin Dr. Alex Herman der Deutschen Presse-Agentur. «Es hatte schwere Verbrennungen an allen vier Pfoten, Verletzungen am ganzen Körper, es war dehydriert und kurz davor zu verhungern.»

Gerade 1,7 Kilogramm brachte die Baby-Katze Anfang Oktober auf die Waage. Doch nach drei Operationen und täglichen Verbandswechseln unter Betäubung gibt es nun hoffnungsvolle Zeichen. «Der Kleine hat einen Riesenappetit», freut sich die Tierärztin. In einem Video vor wenigen Tagen tapste «Captain Cal» - nach dem Maskottchen der kalifornischen Feuerwehr benannt - in seinem Auslauf herum.

Durch ein Gitter beschnupperte er auch schon die beiden Puma-Schwestern «Pink Nose» und «Black Nose». Die etwa fünf Wochen alten Babys - mit rosa und schwarzer Nase - haben ebenfalls ihre Mutter bei dem Waldbrand verloren, sie selbst blieben aber unverletzt. In einem Video fauchen die gefleckten Katzen laut in die Kamera und erkunden ihre neue Umgebung.

Bei den verheerenden Buschbränden in Australien Anfang des Jahres gingen Bilder von verwaisten Kängurubabys und von Koalas mit verbrannten Pfoten um die Welt. Nach den schwersten Flächenbränden in der jüngeren Geschichte Kaliforniens berührt nun das Schicksal von «Captain Cal» und seinen Artgenossen.

Seit Mitte August toben in dem Westküstenstaat heftige Feuer, mehr als 16 000 Quadratkilometer Wald und Nutzland sind schon abgebrannt, eine Fläche mehr als viermal so groß wie Mallorca.

«Es ist eine massive Krise und die Waldbrandsaison ist noch nicht vorbei», sagt Herman. «Neben den Berglöwen sind so viele Rehe, Füchse, Bären und andere Tiere betroffen, das ganze Ausmaß können wir noch gar nicht absehen.»

Nach Schätzungen der Mountain Lion Foundation (MLF), einer gemeinnützigen Organisation zum Schutz der Berglöwen, gibt es in den USA rund 30 000 Pumas, die meisten davon in westlichen Bundesstaaten, sowie wenige Hundert in Florida. Als einzige Staaten haben Kalifornien und Florida ein Jagdverbot erlassen. Doch dieser Schutz reiche bei Weitem nicht aus, meint MLF-Leiterin Debra Chase. Neben Waldbränden nennt sie Gefahren wie Wilderei, Kollisionen mit Autos, vergiftete Beute und die Zerstörung ihres Lebensraums.

«Pumas sind für das Ökosystem und Biodiversität extrem wichtig», betont Chase. Zusammen mit anderen Raubtieren wie Wölfen und Kojoten regulierten sie etwa den Wildbestand.

Immer wieder sorgen Vorfälle mit Berglöwen für Schlagzeilen, wie etwa das wenige Tage alte Video eines 26-jährigen Wanderers in Utah, der im Wald einer Puma-Mutter mit Babys begegnete. Sechs Minuten lang folgt die Raubkatze dem Mann, der laut rufend langsam rückwärts läuft. Immer wieder nähert sich das Tier und faucht. «Sie hat ihn nicht als Beute gejagt», sagt Chase über das Verhalten der Raubkatze. Sie wollte nur ihre Jungen schützen und den Eindringling abschrecken.

Angriffe auf Menschen seien «extrem selten», sagt Chase über die gewöhnlich scheuen Raubkatzen. 2018 hat ein Berglöwe im US-Staat Washington einen Radfahrer getötet und einen weiteren schwer verletzt. Nach Medienberichten war es der erste tödliche Angriff eines Pumas in Washington in knapp 100 Jahren. Das Tiere wurde später von Wildhütern aufgespürt und getötet. Im vorigen Jahr überlebte ein Jogger in Colorado den Angriff eines Jungtiers. Der schwer verletzte Mann setzte sich zur Wehr und erwürgte das Tier.

Für «Captain Cal» und die verwaisten Puma-Schwestern gibt es keinen Weg in die Wildnis zurück. Gewöhnlich wachsen sie zwei Jahre lang in der Obhut ihre Mutter auf und werden dabei zu Jägern erzogen. «Wir arbeiten an einem Auswilderungsprogramm für Puma-Babys, aber sind noch nicht so weit», sagt Dr. Herman. «In der freien Wildbahn hätten sie keine Chance.» Für die drei Feueropfer soll später ein geeigneter Zoo oder ein Großkatzenpark gefunden werden.

In den letzten zwei Jahren hat der Zoo von Oakland 13 verwaiste Berglöwen-Babys aufgenommen. In den meisten Fällen waren ihre Mütter von Autos überfahren worden. Der kleine «Captain Cal» steht wegen des Feuerinfernos in Kalifornien nun besonders im Rampenlicht. «Er ist das Gesicht für die Krise unseres Planeten geworden, für klimabedingte Dürren und Waldbrände», sagt die Tierärztin. «Ich hoffe, dass er über den Schutz für Pumas hinaus auch einen Anstoß für den Kampf gegen den Klimawandel gibt.» Wissenschaftler sehen es als erwiesen an, dass die Klimakrise Wetterextreme wie Trockenheit und Hitze verschärft.

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