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Im Handwerk fehlen massenhaft Fachkräfte. Der Branchenverband sieht die Wurzel des Problems in der Ausbildung und fordert politische Konsequenzen.

Berlin (dpa) - Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer hat angesichts des Fachkräftemangels eine «Bildungswende» in Deutschland gefordert. Wollseifer sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir gehen von einer Viertelmillion Fachkräften aus, die im Handwerk fehlen. Uns fehlen in der Ausbildung sehr viele junge Leute.» Ziele etwa beim Einbau von Wärmepumpen seien dann schwierig zu schaffen.

«Wir sind bereit, die Ausbildungskapazitäten hochzufahren», sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. «Das Problem liegt woanders: Unsere Betriebe bieten schon seit Jahren Tausende Ausbildungsplätze und damit Ausbildungschancen an, die aber nicht genutzt werden. Wir brauchen Bewerberinnen und Bewerber dafür. Das ist das Problem. Von daher fordern wie die Politik auf, sich unsere Forderung nach einer Bildungswende zu eigen zu machen.»

Es sei mehr Wertschätzung und mehr Anerkennung für die berufliche Bildung nötig, vor allem aber auch eine auskömmliche Finanzierung der beruflichen Bildung. «Unsere Bildungsstätten sowie die Berufsschulen dürfen nicht länger als bildungspolitische Stiefkinder behandelt werden. Es darf keine Zweiklassengesellschaft in der Bildungspolitik mehr geben», sagte Wollseifer.

«Bildungswende bedeutet: Wir müssen weg von der Vorstellung, dass nur ein Studium beruflichen und persönlichen Erfolg bringen kann, und hin zu mehr Anerkennung und Wertschätzung der beruflichen Bildung.» Wollseifer sagte, es komme vor allem auf vier Punkte an: «Die Überakademisierung ist ein Irrweg.» Berufliche und akademische Bildung seien gleichermaßen wichtig, um die Transformation zu bewerkstelligen. Sie müssten auch gleichwertig behandelt werden.

Zweitens müsse die Gleichwertigkeit gesetzlich verankert werden und sich in mehr ideeller und materieller Wertschätzung für die berufliche Bildung äußern. «Mit einer gesetzlichen Festschreibung der Gleichwertigkeit sind dann Politiker quasi per Gesetz dazu angehalten, beide Bildungswege auch bei der Mittelvergabe gleichwertig zu berücksichtigen.»

Drittens müssten Ausbildungsbetriebe spürbar entlastet und die Berufsbildungsstätten weiter gestärkt werden. «Es braucht mehr attraktive Angebote für Auszubildende, etwa beim Azubi-Wohnen oder bei Azubi-Tickets», sagte der Handwerkspräsident. Viertens sei eine bundesweite Studien- und Berufsorientierung nötig, die ergebnisoffen über beide Bildungspfade und Karrierewege informiere, flächendeckend an allen allgemeinbildenden Schulen, auch an Gymnasien.

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