Total geliefert

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nun sind auch bei mir um die Ecke die „Gorillas“ eingezogen: schwarz gekleidete Boten mit wuchtigen Rucksäcken, die auf E-Bikes umhereilen und Einkäufe ausliefern. Auch vorher schon erinnerte das Treiben in unserem Treppenhaus an einen Staffellauf der Lieferdienste: Auf Lieferando folgt DHL folgt Amazon folgt Flink – und nun auch: ein Gorilla.

Während mich das Ganze etwas verwundert zurücklässt, zieht meine ältere Nachbarin stoisch weiter ihren Hackenporsche die Treppen hinauf. Doch das Konzept verfängt bei vielen, die den Gang zum Supermarkt lästig finden. 2000 Produkte führen die Gorillas im Sortiment, ständig lockt das Start-up, das sich in Windeseile zum Konzern aufbläht, mit Gutscheinen und Sonderangeboten. Neulich schwärmte eine Bekannte von mir, ihr hätte am Samstagabend noch Pesto gefehlt – ein Bote brachte das Glas in neun Minuten, nachdem sie die Bestellung in die App getippt hatte. In der Zeit war zu lesen, wie jemand eine ganze Radel-Armada herbeirief, um sich 78 Flaschen Champagner bringen zu lassen – ebenfalls in zehn Minuten, der versprochenen Lieferzeit. Man kann sich vorstellen, welcher Stress in den Warenlagern herrscht. Ein interner Wettbewerb adelt die Schnellsten, deren Bestzeiten verschärfen das Soll für alle. Neue Anbieter werben inzwischen mit sieben Minuten vom Klick auf dem Smartphone zur Klingel an der Tür.

Bei so rasanter Expansion und harter Konkurrenz bleiben Arbeitsbedingungen und Rücksicht auf der Strecke. Anwohnende beschweren sich über Lärm und zugestellte Gehwege durch den Zuliefer-Verkehr an die Warenlager, die sich inzwischen über die ganze Stadt verteilen. Kommen die „Rider“ einem entgegen, schaut man in gehetzte Gesichter. Bei jedem Wetter heizen sie für 10,50 Euro die Stunde durch den Stadtverkehr und über die ohnehin überlasteten Radwege, den unbequemen, gerne mal 30 Kilo schweren Rucksack auf dem Rücken. Einige von ihnen legten für Protestaktionen bereits die Arbeit nieder.

Diese Woche übergab das Beschäftigten-Bündnis „Gorillas Workers Collective“ dem Deutschland-Chef Harm-Julian Schumacher eine Liste mit 19 Forderungen: regenfeste Kleidung, faire Bezahlung, nachvollziehbare Schichtpläne, bezahlte Pausen, pünktliches Gehalt, regelmäßig gewartete Räder mit Gepäckträger – all das war bislang nicht selbstverständlich. Bis zum 14. Juli um 15 Uhr sollen die Forderungen erfüllt sein, sonst drohen weitere Streiks. Gorillas wirbt neues Personal derweil nicht nur mit lustigen Kostümen, einem „supercoolen Team“ und dem Trinkgeld, sondern auch mit einer Festanstellung – dabei schreibt das Gesetz diese ohnehin vor. 

Ohne negative PR scheint sich bei den Gorillas nichts zu bewegen, einem Start-up, das Gründer Kağan Sümer für „eine große Familie“ hält. Auf den ersten Blick wirkt die Arbeitsatmosphäre durchaus einladend: In den Lagern läuft Musik, die DJs eigens dafür zusammengemixt haben, in der Firmenzentrale hängt Kunst der Mitarbeitenden. Betriebsratswahlen werden blockiert, aber hey, Betriebsräte braucht eine richtige Familie ja auch nicht.

Für manche Lieferanten mag diese Arbeit eine gewisse Freiheit bedeuten: Gerade junge Leute verdienen sich so gerne etwas dazu, die Großstadtluft weht um die Nase, das Trinkgeld klimpert in der Tasche. Andere hingegen, zum Beispiel Geflüchtete, die woanders keinen Job finden, malochen nicht nur für ihren Lebensunterhalt. Ihnen sichert die Arbeit auch die Aufenthaltserlaubnis – und das macht sie abhängig von Gorillas. Wer wagt es noch, bessere Verhältnisse einzufordern, wenn bei Kündigung die Abschiebung droht? Die Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe (SPD) spricht von „digitaler Sklaverei“.

Investoren befeuern den Liefertrend gleichwohl mit viel Geld, rund 11,4 Milliarden Euro sollen in die neuen Dienste seit Corona geflossen sein. Gorillas, das inzwischen in sechs Ländern und 17 deutschen Städten vertreten ist, sammelte gerade erst 245 Millionen Euro ein, um sich für den Lieferkrieg zu rüsten. Jede Woche öffnen die Pedal-Primaten ein neues Warenlager in Deutschland. Mit einem Wert von einer Milliarde Euro ist es ein Einhorn, wie man in der Start-up-Welt sagt. Derzeit sucht die Firma neues Risikokapital in Höhe von einer weiteren Milliarde: für mehr Filialen in ganz Europa, mehr Produkte, Roboter-Lager und sogar eine Gorillas-Kreditkarte. Fraglich ist nur, wie sich das Ganze je rechnen soll. Viele Produkte sind bei Gorillas sogar billiger als im Supermarkt, die Liefergebühr von 1,80 Euro entfällt bei größeren Bestellungen und bei den vielen Preis-Aktionen. Der Essens-Lieferdienst Lieferando zum Beispiel schreibt bis heute rote Zahlen, was die Mutterfirma, das Dax-Unternehmen Delivery Hero, nicht davon abhält, sich ab August in Berlin mit dem Dienst „Foodpanda“ ebenfalls ins Getümmel zu stürzen.

Wohin das alles führt, ist schwer abzusehen: Haben Supermärkte bald ausgedient? Sind wir in Zukunft total geliefert? Oder ist all das eine große Blase, die bald platzt? Ökonomisch mehr als fragwürdig, muss so ein Lieferkonzept ökologisch übrigens nicht unbedingt von Nachteil sein, wie unsere Autorin Svenja Beller herausgefunden hat – im Gegenteil, sofern einige Grundbedingungen stimmen: zum Beispiel, wenn regionale Bio-Lebensmittel direkt zur Kundschaft gebracht werden. Und gerade älteren Menschen kann der Lieferservice an die Wohnungstür den Alltag erleichtern.

„Wir demokratisieren das Recht auf Faulheit“, sagte Turancan Salur, der Chef des türkischen Lieferdienstes Getir, dem Guardian – und bringt damit auf den Punkt, was wir auf dem Weg in die Dienstleistungsinanspruchnehmergesellschaft verlieren könnten: die Inspiration durch vor uns ausgebreitete, frische Lebensmittel, ein Ort, an dem Menschen sich begegnen und – gerade in Zeiten von Homeoffice – einen weiteren Bezugspunkt zum Leben da draußen, ob auf dem Wochen- oder im Supermarkt. Denn eigentlich kaufen meine Nachbarin und ich doch ganz gerne persönlich ein, sie mit ihrem Schleppkarren, ich mit meinem Rucksack. Und während in den Metropolen bald an jeder Ecke Lieferräder pendeln, sterben auf dem Land weiter die Läden – Gorillas sind wohl eher Stadttiere.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende – liefern Sie sich eine gute Zeit!

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Unser Autor Thomas Merten beobachtet Gorillas – in seiner Nachbarschaft
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Im Platanenzimmer

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Platanus acerifolia, Ahornblättrige Platane, heißt der Baum vor unserem Wohnzimmerfenster – besser gesagt, vor den insgesamt drei Fenstern des Eckzimmers, die er mit seinem Geäst bei einem Kronendurchmesser von 15 Metern recht locker ausfüllt. Das entnehme ich dem Hamburger Baumkataster. Es verrät mir auch, dass der Baum 1965 gepflanzt wurde und mittlerweile einen Stammumfang von 187 Zentimetern aufweist. Seine Kollegen gegenüber, jenseits der Kreuzung und an anderen Stellen der Straße haben ähnlich ausladende Maße.

Von der Höhe steht da nichts, aber sie sind den vierstöckigen Wohnhäusern fast über den Kopf gewachsen. Ein Foto von 1980 zeigt die Platane vor unserem Haus als dünnes Bäumchen, das gerade mal bis zu den Fenstern im ersten Stock reicht. Es wuchs und wurde dicker, und wenn im Mai die Blätter herauskommen, hat man das Gefühl, im Gewächshaus zu sitzen. Alles im grünen Bereich, und ich muss gestehen: Die verschatteten Sommermonate, wenn man früh das Licht einschalten musste, habe ich der Platane früher ein bisschen übelgenommen, was sie nicht weiter störte. Was kann sie dafür, dass wir Nord- und Nordostfenster haben und uns freuen, wenn ab und zu Licht hereinfällt?

Aber es kamen Sommer, in denen die Temperatur tage- oder sogar wochenlang ziemlich weit über 30 Grad lag und eher auf 40 Grad zuging, sogar in Hamburg. Im Platanenzimmer waren wir plötzlich froh, dass es dort wenigstens ein bisschen kühler war als zum Beispiel in der Küche – Fenster nach Westen, da ist es irgendwann trotz heruntergezogener Jalousien kaum noch auszuhalten. Die Südfenster der Wohnungen auf der anderen Straßenseite blieben sommers durchgehend verdunkelt, wer keine Gardinen oder Rollos hatte, hängte Decken oder Laken davor und entfernte sie erst im Herbst wieder.

Im Sommer 2018 begannen die Platanen in unserer Straße, sich seltsam zu benehmen. Zuerst hörte man das Rauschen des Windes, dann klang es, als würfe jemand unablässig mit Schwung etwas auf Straßen und Gehwege. So war es auch: Die Bäume wehrten sich gegen Hitze- und Trockenstress, indem sie Rinde abwarfen. Schon bald erfuhr man, dass es damit seine Richtigkeit hatte. Eine von vielen schlauen Baumstrategien, schlag nach beim Förster Peter Wohlleben. Für die Gäste des Eiscafés, die unter dem schattigen Blätterdach saßen, wurde es allerdings schwierig. Man hat ja ungern Rinde oder andere Pflanzenteile in der Kaffeetasse oder auf dem Eisbecher.

Wobei selbst Überlebenskünstler unter den Stadtbäumen in Zeiten des Klimawandels an ihre Grenzen stoßen. Der Extremsommer 2003 setzte vielen von ihnen schwer zu, der Esche, der Linde, dem Ahorn, auch der Platane, obwohl diese Art aus Südeuropa stammt. Außer unter Hitze und Wassermangel leiden sie auch unter Baumschädlingen, die sich bei hohen Temperaturen sehr wohlfühlen. Davon abgesehen gibt es rund ums Jahr Widrigkeiten, mit denen so ein Stadtgewächs irgendwie fertigwerden muss – Versiegelung und Verdichtung des Bodens, Autoabgase, Hundeurin, Streugut…

Was wird aus ihnen? Wie geht es dir, Platane? Sie schweigt, wenn ich mich nach ihrem Befinden erkundige. Theoretisch kann sie hundert bis dreihundert Jahre alt werden und ist systemrelevant. „Ein hundertjähriger Baum, etwa 20 Meter hoch, 12 Meter Kronendurchmesser, verarbeitet an einem Sonnentag 18 Kilogramm Kohlendioxid“, heißt es in einer Meldung der Hamburger Umweltbehörde.

Stadtplanerinnen und Klimaexperten pfeifen es schon lange von den immer heißer werdenden Dächern: Wir brauchen mehr Grün in den Städten, vielerorts wird mit klimaresistenteren Arten experimentiert wie Zwergesche, Rebona-Ulme, dem Japanischen Schnurbaum, der Türkischen Eiche. Wer weiß, vielleicht werden wir in Zukunft in „Schwammstädten“ leben, wo Regenwasser nicht in der Kanalisation landet, sondern auf speziellen Flächen versickern darf. Das würde nicht nur Überflutungen durch Starkregen eindämmen, sondern auch durch Verdunstung das Stadtklima verbessern und den Bäumen helfen.

Vorerst halten wir uns an Platanus acerifolia und wünschen ihr alles Gute.

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Unsere Autorin Kerstin Eitner findet ein Gespräch über Bäume angebracht
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Großstadtgrünreglement

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Invidia (Neid), eine der sieben Todsünden, „bezeichnet den Wunsch der neidenden Person, selbst über mindestens als gleichwertig empfundene Güter wie die beneidete Person zu verfügen“, belehrt mich Wikipedia. Ich gebe zu, in letzter Zeit öfter mal jemanden beneidet zu haben. Nicht um Jaguars, Yachten oder Juwelen, nein: um den Inhalt eines kleinen Fläschchens. Die Freunde und Freundinnen aus Großbritannien, nur eine davon über 70, sind fast alle schon mindestens einmal geimpft wie 19 Millionen ihrer Landsleute. Selbst diejenigen, deren 60. Geburtstag noch fern ist, haben Aussicht auf einen Impftermin, und das ganze Land hofft auf Lockerungen im Juni. Letztes Jahr ging es den Menschen auf der Insel gar nicht gut, aber jetzt scheint es aufwärts zu gehen.

Und wir? Germany: zero points! Noch nicht mal alle über 80 sind geimpft, von über 70-Jährigen, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen und erst recht von über 60-Jährigen ganz zu schweigen. Trotz der in Rekordzeit entwickelten Impfstoffe treten wir auf der Stelle, Opfer der EU-Bürokratie, der berühmt-berüchtigten deutschen Gründlichkeit und Behördenbräsigkeit oder einer ungesunden Mixtur aus diesen Zutaten. Vielleicht hätte man rechtzeitig jemanden beauftragen sollen, der sowas organisieren kann? In England tat dies ab April 2020 (!) Kate Bingham. Was immer auch bei uns schiefgelaufen sein mag, es scheint ein Frühling des Missvergnügens zu werden.

Dabei hatte dieser offenbar beschlossen, dem ersten Teil seines Namens gerecht zu werden und schon im Spätwinter einen großen Auftritt hinzulegen, und es kam, was kommen musste: Alle, aber auch wirklich alle waren draußen. Es wurde eng in Parks, an Hafenrand und Flussufern. Nun hat die Stadt Hamburg verfügt, dass am Wochenende an bestimmten Orten (also überall, wo es schön ist) auch draußen Masken zu tragen sind. So bleibe ich wohl künftig am Wochenende auch bei strahlendem Sonnenschein zu Hause, denn längeres Maskentragen, vor allem bei Bewegung, geht bei mir nicht. Irgendwann im Spätsommer oder Herbst werde ich dann etwas ausgeblichen, aber hoffentlich mit „Impfangebot“ (klingt nach Supermarkt) wieder ans Tageslicht kriechen.

Hier kommt wieder die böse Invidia ins Spiel: Wer jetzt einen Garten oder wenigstens einen halbwegs vernünftigen Balkon hat, ist fein raus. Wir haben beides nicht. Jedoch: aufs Land ziehen? Oder in die Vorstadt ins Einfamilienhaus? Abgesehen von den objektiv-praktischen Gründen – miserable Infrastruktur auf dem Land, Autoanschaffung erforderlich, Eigenheim sowieso unerschwinglich – und den objektiv-ökologischen Gründen – Flächenfraß, Versiegelung und Zersiedelung, CO2-Ausstoß – käme das für uns auch ganz subjektiv nicht infrage.

Denn in einem Dorf, und sei es noch so idyllisch, oder gar in einer Vorortsiedlung befällt uns statt Sehnsucht stets große Beklemmung. Häuschen mit Gärtchen und Hundchen war nie unser Traum, eher ein Albtraum, selbst wenn es kein „Schizo-Haus“ ist. Gern sitzen wir mal gemütlich in einem (möglichst nicht so ordentlichen) Garten, aber – Gartenarbeit?! Laden Sie uns bitte erst ein, wenn Sie damit fertig sind. Dabei bin ich sogar in einem Dorf aufgewachsen. Vielleicht ist genau das der Grund: Je näher das Abitur rückte, desto mehr wuchs die Vorfreude auf die Stadt. Ich bin aus der Art geschlagen. Meine Geschwister würden niemals mitten in die Innenstadt ziehen.

Das Stadt-Land-Thema kann für erbitterten Streit sorgen. Gerade wird den Grünen zu Unrecht unterstellt, den Bau von Einfamilienhäusern „verbieten“ zu wollen. Die Frage ist doch wohl eher: Klimaschutz oder Eigennutz? Zum Glück gibt es zeitgemäße Modelle des Landlebens, ganz ohne Neubau, Carport und Gartenzwergarmee, dafür mit Bahn- und Internetanbindung. Die Städte wiederum müssen unbedingt den Spagat zwischen Verdichtung und Begrünung, zwischen Wohnraumbedarf und Hitzekollaps hinkriegen.

Bis das klappt, bräuchte ich mal kurz eine Zwischenlösung. Einen Pop-up-Garten zum Ausklappen. Einen aufblasbaren Balkon. Oder: eine rasante Impfkampagne, damit wir aus dem Lockdown-Lockerungs-Lockdown-Karussell irgendwann rauskommen und einfach angst- und maskenfrei spazieren gehen können.

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Unsere Autorin Kerstin Eitner outet sich als neidisch und fordert Pop-up-Gärten
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Wir machen das!

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„Notizen aus der Provinz“ hieß in den Siebzigerjahren eine TV-Satiresendung mit dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt. Der Titel würde auch auf die neue Ausgabe des Greenpeace Magazins passen, ohne dass „Provinz“ abwertend gemeint wäre. Denn es geht um die Kraft der Kommunen, die erstaunlich viel bewegen können. Während in Berlin noch über Problemen gebrütet und oft endlos um die richtigen Lösungen gerungen wird, krempeln Tatkräftige in Städten und Dörfern schon mal die Ärmel hoch und fragen munter: Wo steht denn das Klavier?

Die Musik spielt zum Beispiel in der alten Universitätsstadt Tübingen, bekannt vor allem durch ihren eigenwilligen Bürgermeister Boris Palmer. Fridays for Future gaben den Anstoß für das ehrgeizige Ziel der Stadt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Grüner Strom, Wärme- und Verkehrswende, energetische Gebäudesanierungen – Tübingen hat einiges vor. Zwar sind alle Parteien im Gemeinderat grundsätzlich dafür, über die konkrete Umsetzung aber dürfte es noch Streit geben.

Mit gutem Beispiel gehen immer mehr Kommunen bei der Beschaffung dessen voran, was sie so alles brauchen, um den Laden am Laufen zu halten: vom Kugelschreiber bis zum Laptop, vom Pflasterstein bis zum Klopapier, von Büromöbeln bis zum Solardach für die Schule versuchen Gemeinden, nachhaltig einzukaufen. Was einiges an zusätzlichem Rechercheaufwand erfordert.

Am nachhaltigsten ist es oft, Dinge länger zu nutzen und nichts Neues zu kaufen. Auch beim sogenannten Divestment geht es darum, etwas nicht zu tun, nämlich kein Geld mehr in klima- und umweltschädliche Produkte und Technologien zu investieren wie etwa Kohle und Öl. Eine ganze Reihe von Städten tut das bereits, darunter Bonn, Köln und Dachau.

Im Nordosten der Republik, in den Dörfern Klein Jasedow und Pulow, zeigt eine Gruppe engagierter Menschen, wie ökologisches Zusammenleben gelingen kann. Auferstanden aus Ruinen sozusagen, denn die vom Genfer See zugezogene Lebensgemeinschaft musste mühsame Aufbauarbeit leisten, um den Verfall von Ställen und Wohngebäuden zu stoppen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: mehrere kulturelle und landwirtschaftliche Projekte und vierzig neue Arbeitsplätze in den „Pulower Landwerkstätten“.

Die deutsche Biohauptstadt heißt Nürnberg. Hier gibt es nicht nur Lebkuchen, Bratwürste und den Christkindlmarkt, sondern auch einen Zoo mit eigener Biolandwirtschaft, globale Leitmessen für Biolebensmittel, Ökolandbau und Naturkosmetik, ein ökologisch orientiertes „Essensmanagement“ für Schulen und Kitas und das Projekt „Essbare Stadt“, das öffentliche Flächen in Gemüsegärten für alle verwandeln will.

Wir stellen Ihnen ferner sechs junge (!) Menschen vor, die sich für verschiedene politische Parteien in der Kommunalpolitik engagieren und zeigen auf unserer (virtuellen) Deutschlandreise von Nord nach Ost, von Süd nach West weitere Beispiele für vorbildliche Kommunalpolitik.

Reisen Sie mit uns zu „Europas Yellowstone“ in den rumänischen Karpaten, wo eine Stiftung einen riesigen Nationalpark aufbauen und Europas letzte Urwälder retten will, oder auch zu dem Lebensraum unter den ebenfalls bedrohten Mangrovenwäldern vor der Antilleninsel Bonaire, dem der Fotograf und Meeresbiologe Lorenzo Mittiga seine Serie „Hidden Forests“ gewidmet hat.  

Außerdem informieren wir Sie über kriminelle Müllgeschäfte mitten in Deutschland, Klima- und Artenschutz im eigenen Garten, den bombastischen Bärlauch und die bislang geheimen Szenetreffs von Geparden. Und wussten Sie eigentlich, dass  Sand und Kies knapp werden, die Atomkatastrophe von Fukushima schon zehn Jahre her ist und das Wahrheits- und Wissenschaftsfeindlichkeitsvirus sich auch in Niedersachsen ausbreitet? All das und mehr lesen Sie im neuen Heft „Lokal genial“. Viel Vergnügen!

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Unsere Autorin Kerstin Eitner bittet zum Lokaltermin beim neuen Greenpeace Magazin
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