Alles Gute zum Geburtstag!

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im thüringischen Saale-Orla-Kreis wird jetzt der Herrgott Landrat. Der Christian Herrgott von der CDU. Und das ist auch gut so, um mal einen einst ziemlich berühmten SPD-Mann zu bemühen. Denn wäre Herrgott letzten Sonntag nicht in der Stichwahl mit 52,4 Prozent der Stimmen gewählt worden, dann hieße der Landrat jetzt Uwe Thrum. Der ist von der AfD und hatte im ersten Wahlgang noch zwölf Prozentpunkte vor dem zweitplatzierten CDU-Mann gelegen.

Doch dann geschah das – aus Sicht der AfD – Ungeheure: Eine breite Mobilisierungswelle aus Zivilgesellschaft und demokratischen Parteien verhinderte den Sieg des rechtsextremen Kandidaten. Der habe „gegen alle kämpfen“ müssen, hieß es etwas weinerlich in einem Statement seiner Partei: „Altparteien, die Konzernmedien, den öffentlichen Rundfunk, staatlich finanzierte Kampagnenagenturen, Arbeitgeber, Kirchen, Gewerkschaften, bestellte Demonstrationen…“

Wo die AfD ausnahmsweise mal recht hat, da hat sie recht. Nur dass man sich den Verschwörungsduktus wegdenken, bei den Demonstrationen das Wort „bestellt“ streichen und „Kampagnenagenturen“ in „NGOs“ übersetzen muss, die ihre Aktivitäten zum allergrößten Teil oder ausschließlich aus Spenden finanzieren. Wie zum Beispiel die Organisation Campact, die Online-Kampagnen initiiert, eine Petitionsplattform betreibt, zu Demos aufruft und auch mit Anzeigen oder Plakataktionen für ihre Anliegen mobilisiert. Motto diesmal: „Braun mag ich nur meine Bratwurst“, illustriert mit einer aufgespießten Original Thüringer.

Zwar können nicht alle zum Demonstrieren in den Saale-Orla-Kreis fahren geschweige denn dort abstimmen, aber man konnte die Plakatkampagne auch aus der Ferne finanziell unterstützen. Habe ich gemacht und mich damit zum allerersten Mal in meinem Leben, wenn auch indirekt, für einen CDU-Kandidaten eingesetzt. So was kann erstaunlich gut klappen, wie sich etwa bei der Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen letzten September gezeigt hat – da gewann ein parteiloser Kandidat.

Es gibt überhaupt allerhand, was man tun kann, um die Demokratie zu verteidigen und sich der vielleicht gar nicht so unaufhaltsamen rechten Welle entgegenzustemmen. Demonstriert haben ja mittlerweile Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen in den Wochen nach den Enthüllungen der Rechercheplattform Correctiv – das Treffen, über das sie berichtete, war übrigens nicht das Erste seiner Art. Großartig, dass auch in kleineren Städten und Gemeinden im Osten des Landes immer wieder Menschen den Mut aufbringen, auf die Straße zu gehen, obwohl (oder weil) an ihrem Wohnort die AfD dominiert, Hass, Hetze und Bedrohungen gedeihen.

Der Souverän wird eine Weile durchhalten müssen, um den Rechten klarzumachen: Damit ihr es wisst, wir sind das Volk, und wir sind viel mehr als ihr. Saale-Orla-Kreis ist überall. Deshalb ist es wichtig, in Scharen an die Wahlurnen zu eilen, wann und wo auch immer dazu aufgerufen wird, lokal, regional, international: in den jeweiligen Bundesländern zu Kreistags-, Gemeinde-, Stadtrats- oder Landtagswahlen, und natürlich zu den Europawahlen, um die EU-Abschaffer auszubremsen. Ich weiß, Sie gehen sowieso hin, aber ich werde sicherheitshalber beizeiten daran erinnern.

Gutes Stichwort: Wir sollten auch unsere Staatsdiener und Staatsdienerinnen mit Nachdruck erinnern, dass jetzt allerhöchste Zeit ist, dem Treiben von AfD und Co. politisch und juristisch Einhalt zu gebieten. Durch einen Parteiverbotsantrag beispielsweise. Oder Verbote von Landesverbänden oder anderen Unterorganisationen.

Oder durch politische Betätigungsverbote nach Artikel 18 Grundgesetz für Einzelpersonen wie etwa Björn Höcke – am Mittwoch konnte unter anderem Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann die rund 1,67 Millionen Unterschriften einer Online-Petition mit dieser Forderung in Empfang nehmen. Außerdem wäre es geboten, das Verfassungsgericht mittels einer Grundgesetzänderung wasserfest gegen Übergriffe von Rechtsextremen zu machen – eine Idee, mit der sich offenbar auch die CDU/CSU anfreunden kann.

Sie sehen, es gäbe eine hübsche Auswahl an Geschenken zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes in diesem Jahr. Aber sie sollten bald bereitliegen. Denn wie sagte doch am Mittwoch die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi im Bundestag: „Die Shoah begann nicht mit Auschwitz. Sie begann mit Worten. Sie begann mit dem Schweigen und dem Wegschauen der Gesellschaft.“ 

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Redakteurin Kerstin Eitner wüsste was Passendes zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes
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Im Allgemeinen nützlich

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wer regelmäßig die Nachrichten verfolgt, mag mit Grausen auf die politische Situation in vielen Ländern blicken und sich freuen, im eigenen Land eine aktive, gut organisierte und sogar steuerlich begünstigte Zivilgesellschaft zu haben, die sich für Menschenrechte und Umweltschutz, gegen Rechtsextremismus und für eine lebendige Demokratie engagiert.

Doch seit Jahren findet, meist eher hinter den Kulissen, ein zähes Ringen vieler Initiativen um ihre Gemeinnützigkeit statt, und es kommt gar nicht so selten vor, dass sie in diesem Kampf unterliegen – erst gegen das zuständige Finanzamt, das darüber entscheidet, und dann vielleicht auch vor Gericht. Dabei kann die Steuerabzugsfähigkeit von Spenden, Grundpfeiler der Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NROs), über deren Sein oder Nichtsein entscheiden.

Die globalisierungskritische Organisation Attac erwischte es 2014. Nach mehreren Jahren juristischen Ping-Pongs befand der Bundesfinanzhof 2019: „Einflussnahme auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung ist kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck im Sinne von § 52 der Abgabenordnung.“ Nun liegt der Fall beim Bundesverfassungsgericht.

Campact, Change.org (später innn.it), die Bundesvereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) –  die Liste wurde länger. Seit Januar 2022 müssen gemeinnützige Organisationen im Sinne „geistiger Offenheit“ zudem immer alle Seiten zu Wort kommen lassen. Politische Bildung dürfe nicht darauf abzielen, „die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen“.

Nur zu gern nutzen Rechtsextreme wie die AfD das aus, zeigen unliebsame Initiativen bei den zuständigen Finanzämtern an oder stellen entsprechende Anträge auf Bundes- und Landesebene. So büßte das Demokratische Zentrum Ludwigsburg seinen gemeinnützigen Status vorübergehend ein, weil es Rechtsradikalen den Zugang zu seinen Veranstaltungen verwehrt hatte. Auch die Naturfreunde Thüringen rangen ein Jahr lang mit dem Finanzamt, weil sie sich gemäß ihrer Satzung auch für Demokratie und Toleranz eingesetzt hatten, zum Beispiel nach der Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD.

Die Gemeinnützigkeit wankt auch, wenn Plattformen wie innn.it kostenlose Petitionen gegen Unternehmen auf ihre Website stellen. Entweder löschen oder Gebühren erheben, forderte das Berliner Finanzamt Ende letzten Jahres. Die NRO reichte Klage ein. 2018 kam die CDU auf die glorreiche Idee, der Deutschen Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit abzuerkennen (es ging um Dieselverbote in deutschen Städten). Auch Greenpeace, der BUND und andere Umweltschutzorganisationen müssen immer mal wieder um ihren Status bangen. Als könnte man Umweltschutz völlig losgelöst von aller Politik betreiben.

Der Thinktank „Zivilgesellschaft in Zahlen“ (ZiviZ) hat ermittelt, dass sich fünf Prozent der zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Sorge um ihre Gemeinnützigkeit nicht politisch beteiligen, also Selbstzensur üben. Fünf Prozent, das klingt wenig, es sind aber immerhin 30.000 Vereine.

Handwerk hat goldenen Boden

Es braucht also dringend eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Ampel hat das im Koalitionsvertrag auch vereinbart. Bloß ist leider bislang nichts geschehen, obwohl ja, wie der für dieses Vorhaben verantwortliche Finanzminister Christian Lindner, FDP, es gerade so schön formulierte, in der Regierung „gehämmert und geschraubt“ werde.

Nur leider an den falschen Stellen. Das Bundesinnenministerium nämlich will, so steht es in seinem Haushaltsplan, die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) um 20 Millionen Euro kürzen, von 96 auf 76 Millionen Euro. Könnte mir bitte mal jemand erklären, wie man so die Demokratieförderung stärken will?

Statt des Parteichefs ist diese Woche dann der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr in den Hobbykeller hinabgestiegen, und bevor ihm Lindner noch hinterherrufen konnte: „Denk an die Schalldämpfer!“, kam Dürr mit einem verstaubten, mit Spinnweben überzogenen und halb zerlegtenAtomkraftwerk wieder ans Tageslicht und verkündete, seine Partei werde über einen Stopp des Rückbaus der „noch funktionierenden Kernkraftwerke“ beraten.

Ob sich die FDP wohl mit dem Netzwerk „Replanet“ zusammenschließt, das, angeführt von der 18-jährigen schwedischen Aktivistin Ia Anstoot, sich für Atomkraft einsetzt und gegen Greenpeace protestiert? Wobei die Regierung in ihrem Heimatland gerade geschwind ein Statement der Umwelt- und Klimaschutzministerin Romina Pourmokhtari von der Website des Ministeriums entfernen ließ, in dem es geheißen hatte, Schweden wolle bis 2040 „mindestens zehn Reaktoren“ bauen. So ein Ziel gebe es nicht, erklärte ein anderer Regierungsvertreter.

Wir hämmern und schrauben kommende Woche die nächste Ausgabe des Greenpeace Magazins zusammen. Mal sehen, ob danach was Neues aus der Ampelwerkstatt gekommen ist. Ein Gesetzentwurf für ein neues Gemeinnützigkeitsrecht wäre doch mal ein hübsches Werkstück.

Ich wünsche Ihnen schöne goldene Spätsommer- oder Frühherbsttage!

Wenn Sie mögen, leiten Sie diese Wochenauslese gerne weiter. Abonnieren können Sie sie übrigens hier. Wenn Sie auch gerne unsere Presseschau zu Umwelt- und Klimaschutzthemen zugeschickt bekommen wollen, sollten Sie sich hier dafür eintragen – dann halten wir Sie montags bis freitags auf dem Laufenden. Wir freuen uns, wenn Sie dabei sind!

 

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Redakteurin Kerstin Eitner würde sich über ein renoviertes Gemeinnützigkeitsrecht freuen
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Mehr Zuversicht wagen

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„Wie hältst du’s mit der Umwelt?“ Seit 1996 stellen Bundesumweltministerium und Bundesumweltamt den Deutschen alle zwei Jahre diese Gretchenfrage. Ergebnisse für das Jahr 2022 unter anderem: Umwelt- und Klimaschutz sind 57 Prozent der Befragten wichtig (2020: 65 Prozent), rangieren aber hinter Gesundheit, Bildung, sozialer Gerechtigkeit, Krieg und Terrorismus nur auf Platz fünf. Immerhin finden, hurra, satte 91 Prozent, die Wirtschaft sollte im Sinne des Klimaschutzes umgebaut werden.

Nur befürchten gleichzeitig drei Viertel, dass sich mit ebendiesem Umbau Einkommens- und Besitzunterschiede vergrößern würden. Gesellschaftliche Konflikte, soziale Ungerechtigkeit, Abstieg, steigende Preise und Inflation – die Transformation weckt allerhand Ängste. Nur zehn Prozent erwarten, dass sich ihre Lebensqualität verbessern wird.

Während die Mehrheit der Befragten der Ansicht ist, die Wirtschaft müsse den Wandel in Richtung Umwelt- und Klimaschutz gestalten und der Staat bitteschön dafür sorgen, dass das Ganze sozial gerecht vonstattengeht, sieht es mit der Bereitschaft zur Übernahme von Eigenverantwortung eher bescheiden aus. Nur 59 Prozent (2018: 74 Prozent) meinen, es sei auch Sache der Einzelnen, nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen.

Ja, so ist das: Wenn man ganz allgemein gefragt wird, ist man natürlich auch gern ganz allgemein für Klima- und Umweltschutz. Aber das heißt noch lange nicht, dass man auch gewillt ist, dafür selbst etwas zu tun oder gar Opfer zu bringen. „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst“: Mit dem berühmten (und, zugegeben, pathetischen) Satz aus John F. Kennedys Antrittsrede als US-Präsident darf man den Deutschen wohl eher nicht kommen.

Liefern und zahlen muss selbstredend der Staat. Da trifft es sich allerdings sehr schlecht, dass – nächste Umfrage, durchgeführt von Forsa im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes (dbb) – das Vertrauen in diesen auf einen neuen Tiefstand gesunken ist. Weniger als ein Drittel der Befragten glaubt, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen, knapp zwei Drittel sind nicht dieser Meinung. Auch die Unternehmen stehen nur bei 40 Prozent in hohem Ansehen.

Kurz gesagt, Staat und Wirtschaft, die den Deutschen zufolge den umwelt- und klimafreundlichen sowie sozial gerechten Umbau der Ökonomie vorantreiben sollen, gelten denselben Deutschen als unfähig, die Bevölkerung selbst möchte nicht so recht. Zu allem Überfluss schiebt nun noch die Organisation More in Common eine Studie zum gesellschaftlichen Zusammenhalt nach. Und raten Sie mal, was die Menschen denen erzählt haben: Ungerecht, egoistisch, gespalten und, da haben wir es wieder, mit einer unfähigen Regierung geschlagen, so gehe es hier zu.

Und weil die Redaktion des Greenpeace Magazins gar nicht genug kriegen kann von Umfragen, sind Sie hiermit herzlich eingeladen, an einer solchen teilzunehmen: Hier entlang. Vorab sei verraten: Sie ist sehr kurz, anonym und auch bei uns geht es um das Klima – das Ergebnis erfahren Sie in unserer nächsten Wochenauslese.

Wie aber, geschätzte Landsleute, kommen wir aus dieser so verbreiteten Tristesse wieder raus? Klar, es gibt derzeit wenig Grund, Regierung oder Wirtschaft über den grünen Klee zu loben. Die deutsche Bürokratie ist legendär, die Digitalisierung ein Witz, die Infrastruktur schwächelt, das Rentensystem droht in Schieflage zu geraten, die ach so begehrten ausländischen Fachkräfte, die sich hierher wagen, prallen zuerst auf die besagte Bürokratie und sodann auf sagenhaft schlecht gelaunte Einheimische, die immer noch ernsthaft glauben, Deutschland sei kein Einwanderungsland, und rechte Rattenfänger raunen was von Demokratie zurückholen, ausgerechnet.

Aber man kann Dinge auch so lange schlechtreden, bis alle dran glauben (ein schönes Beispiel: der Mythos von der Spaltung der Gesellschaft, die es, sagt der Soziologe Steffen Mau, gar nicht gibt). Ja, es wird richtig was kosten, Klima und Umwelt zu schützen, Geld ebenso wie Mühe. Und zwar für alle. Noch viel mehr würde es allerdings kosten, dies zu unterlassen. Außerdem weigere ich mich, zu glauben, dass alle nur denken: Och nö, nach mir die Sintflut. Stimmt ja auch nicht. Kleiner dimensionierte Sintfluten wie das Oderhochwasser 1997 oder die Überschwemmungen im Ahrtal 2021 haben das gezeigt, als wildfremde Menschen aus allen Bundesländern in den Katastrophengebieten auftauchten, die Ärmel hochkrempelten und einfach mit anpackten. Es gibt eben doch so etwas wie Gemeinsinn.

Hat noch irgendwer Lust auf Zukunft? Ich würde sehr gern in, sagen wir, fünfzig bis hundert Jahren mal nachschauen, ob es denn geklappt hat mit der Zeitenwende bei Klima und Umwelt. Ich bin zwar alles andere als eine Draufgängerin, habe aber zum Glück eine Wird-schon-werden-Haltung als Werkseinstellung. Die Erfahrung hat gezeigt: Wenn es schwierig wird, hilft einem Miesepetrigkeit kein bisschen weiter. Wie wäre es also, wenn wir es statt mit John F. Kennedy mit den Bremer Stadtmusikanten hielten: „Etwas Besseres als den Tod findest du überall“?  

Zum Schluss noch eine Bitte – falls Sie regelmäßige Leserin oder regelmäßiger Leser unseres Magazins sind: Wir würden gern mit Ihnen ins Gespräch kommen. Was mögen Sie am Magazin? Was weniger? Welche Themen schätzen, welche vermissen Sie? Wenn Sie Lust haben, uns Ihre Meinung zu sagen oder uns besser kennenzulernen, melden Sie sich gern per Mail an unter: gpm@greenpeace-magazin.de – oder antworten Sie einfach auf diesen Newsletter. Bitte schreiben Sie uns kurz, warum Sie gern teilnehmen möchten, wir schicken Ihnen dann eine Einladung. Unter den Einsendern verlosen wir Geschenke aus unserem Warenhaus. Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich bei uns zu melden. Wir freuen uns auf Sie.

Ich wünsche Ihnen ein schönes und möglichst zuversichtliches Wochenende!

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AfD? Nee, oder?!

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ich verstehe ja vieles nicht. Warum sind die im Kino angebotenen Snacks in ohrenbetäubend raschelnden Tüten verpackt? Was veranlasst Menschen, am Ende einer Rolltreppe abrupt stehenzubleiben und somit für Auffahrunfälle zu sorgen? Weshalb kacheln auf E-Scootern gern zwei Personen über Gehwege, und was soll das überhaupt mit diesen Lifestyle-Accessoires?

Aber mit solchen Kinkerlitzchen wollen wir uns heute nicht aufhalten, denn es gibt Phänomene ganz anderen Kalibers, die ich erst recht nicht verstehe. Da gab im April laut ARD-Deutschlandtrend eine relative Mehrheit von 44 Prozent meiner Landsleute zu Protokoll, es gehe ihnen beim Klimaschutz nicht schnell genug (gegenüber 27 Prozent, denen es zu schnell ging und 18 Prozent, die das Tempo genau richtig fanden). Zudem wurde Umwelt- und Klimaschutz als wichtigstes Problem genannt, um das sich die Politik kümmern solle.

Doch wehe, wenn es dann ans Eingemachte geht. Denn kurz darauf präsentierten Wirtschafts- und Bauministerium ihren Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG), heute besser bekannt als „Habecks Heizungs-Hammer“ (Bildzeitung und danach noch viele andere Medien), „Energie-Stasi“ (CDU) oder „Heizungsmassaker“ und „Verarmungsprogramm“ (AfD).

Mal ganz abgesehen davon, was wirklich drinstand im Gesetz, was schmerzlich fehlte (der soziale Ausgleich) oder wie es am Ende mal aussehen wird, die Ampel gab danach ein klägliches Bild ab. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reagierte dünnhäutig und beleidigt, die FDP zelebrierte ihre Lieblingsrolle als regierungseigene Opposition und Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich, man kennt das, in sein inneres Schweigekloster zurückgezogen.

Und die Deutschen? Ließen die seit Längerem gesunkenen Umfragewerte für die Ampel weiter in den Keller rauschen und stürzten sich weinend in die Arme der AfD. Im ARD-Deutschlandtrend vom 1. Juni erreichte die Rechtsaußen-Partei in der Sonntagsfrage 18 Prozent und zog mit der SPD gleich. Wobei nur ein gutes Drittel der Befragten angab, aus Überzeugung für die AfD stimmen zu wollen, rund zwei Drittel hingegen aus Enttäuschung über andere Parteien.

Oder vielleicht doch eher aus Angst vor Veränderung? Vor Wohlstandseinbußen – Finger weg von meiner Heizung, meinem Auto, meinem Schnitzel, meiner Flugreise! Eine weitere repräsentative Umfrage im Auftrag der Zeit ergab Anfang Juni, dass 70 Prozent der Deutschen es begrüßen würden, wenn die Regierung das GEG fallenlassen würde. Die Klimakrise wedeln wir dann wohl am besten mit der Fliegenklatsche weg.

Irgendwie erinnert mich das an den kleinen Pepe aus „Asterix bei den Spaniern“, der, um seinen Willen zu bekommen, stets droht: „Ich halte jetzt die Luft an, bis mir etwas passiert.“ Den Denkzettel verpassen die Enttäuschten letztlich sich selbst. Denn was immer sie bei der AfD zu finden hoffen, der angeblich so wichtige Klima- und Umweltschutz, mit dem es vielen doch nicht schnell genug geht, ist bei ihr nicht im Angebot. Her mit den fossilen Energien und der Atomkraft, weg mit den lästigen Windrädern, das muss energiepolitisch reichen.

Die AfD ist eine vom Verfassungsschutz 2021 als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Partei (die gerichtliche Auseinandersetzung darum läuft noch) mit mindestens einem juristisch beglaubigten Faschisten (Björn Höcke) in ihren Reihen, gegen den gerade Anklage wegen der mutmaßlichen Verwendung von Nazi-Vokabular erhoben wurde. Was die Partei sonst so vorhat: Die sofortige Einstellung jeglicher Unterstützung der Ukraine und Unterwerfung derselben unter die Herrschaft von Zar Putin. Abwehr alles und aller „Fremden“. Deutschland den Deutschen. Zurück in eine vermeintlich goldene Vergangenheit, die es so nie gab. Ist es das, was ein knappes Fünftel der Wahlberechtigten möchte? Die Fünfzigerjahre, bloß mit sozialen Medien?

CDU, CSU und Teile der Presse haben beim Höhenflug der Rechten mindestens so sehr mitgeholfen wie die Politik der Bundesregierung, schreibt Johannes Hillje in der Zeit. Das dürfte stimmen. Dass sich die Hinwendung zu einer Dagegen-Partei wie der AfD vermutlich auf die eine oder andere Art erklären lässt, macht die Sache aber nicht besser – und ich bin nicht gewillt, dafür Verständnis aufzubringen.

Ein wirksames Rezept für ein Gegengift mit Durchschlagskraft hat bislang niemand so richtig parat. Gutes Regieren, mehr Mut zur Wahrheit, und sei sie noch so schmerzlich, das Sprechen über den Elefanten im Raum, den allseits gefürchteten Verzicht – das alles ist bestimmt nicht verkehrt, aber ob es helfen würde?

Was mir auf Anhieb einleuchtet, ist der neue Aktionsschwerpunkt der „Letzten Generation“ (mit früheren Aktionen hatte ich zuweilen meine Schwierigkeiten): Die Aktivistinnen und Aktivisten wollen sich in den nächsten Wochen besonders die Reichen vorknöpfen, und das mit gutem Grund – denn, so Samira El Ouassil im Spiegel: „Der durchschnittliche CO2-Ausstoß von Milliardären hat im Jahr 2018 8190 Tonnen pro Kopf betragen. Raten Sie mal, was der Pro-Kopf-Ausstoß weltweit beträgt. 5 Tonnen.“ Privatjets und Yachten spielen dabei eine besonders unrühmliche Rolle. Folgerichtig sind die Aktiven zum Auftakt nach Sylt gereist, womöglich mit dem 49-Euro-Ticket, haben sich Zugang zum örtlichen Flughafen verschafft und einen teuren Privatflieger mithilfe eines Feuerlöschers orange eingefärbt. Man darf sich für die nächste Zeit wohl auf weitere Farbspektakel dieser Art einstellen.

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Schönes Wochenende, auch wenn Sie weder über eigenes Flugzeug noch Luxusyacht verfügen.

 

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