More Gore!

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nein, zum Terrorangriff der Hamas, dem Krieg in Israel, zu all dem Grauen und Leid werde ich mich nicht äußern. Dazu fühle mich nicht berufen. Allenfalls kann ich mich einer Haltung anschließen wie der Meron Mendels: „Ich unterscheide nicht zwischen einem toten Kind im Kibbuz oder in Gaza.“ Oder Daniel Barenboim beipflichten, der schreibt: „Genau jetzt müssen wir alle im Anderen den Menschen sehen.“ Ihnen und anderen Besonnenen möchte ich zuhören und nicht jenen Besoffenen, die nur zu gern auch dem Rest der Welt ihren hochprozentigen Hass verabreichen würden.

Wobei es derzeit gar nicht so einfach ist, sich auf Themen jenseits der Kriege und Konflikte auf ebendieser Welt zu konzentrieren. Wo lässt sich Zuflucht ohne Weltflucht und Aufmunterung jenseits von Glückskekssprüchen finden?

Zum einen in der Nachbarschaft: Polen hat ein neues Parlament gewählt, und wie es aussieht, geht die PiS-Ära dem Ende entgegen. Falls dieser Partei nicht noch ein paar üble Winkelzüge einfallen, was einige befürchten. Aber schließlich wird sie den Wechsel wohl nicht verhindern, sondern höchstens hinauszögern können. Ein Seufzer der Erleichterung geht durch Europa.

Zum anderen dringt unverhofft ein Lichtstreif ins Gemüt, als man im New Yorker auf ein Interview mit Al Gore stößt, dem einstigen demokratischen Vize- und späteren Beinah-Präsidenten der USA. Mit 537 umstrittenen Stimmen im US-Bundesstaat Florida unterlag er nach einem nervenzehrenden Monat mit Nachzählungen und Gerichtsverfahren aber George W. Bush.

Ein harter Schlag, aber Gore versank nicht in Trübsal. Der Mann ist Berufsoptimist, auch als heute 75-Jähriger. Muss er auch, denn schließlich ist er seit über dreißig Jahren als Klimaaktivist im Einsatz. Richtig berühmt wurde er als unermüdlicher Kämpfer gegen die Erderhitzung in dem Dokumentarfilm „An Inconvenient Truth“ (Eine unbequeme Wahrheit“) unter der Regie von Davis Guggenheim. 2007 bekam er dann den Friedensnobelpreis, zusammen mit dem Weltklimarat IPCC.

Man befinde sich, das sei wohl inzwischen klar, längst inmitten der Klimakrise, sagt er. Dabei wisse man ja, welchen Schalter man betätigen müsse, damit die Temperaturen auf der Erde in der relativ kurzen Zeitspanne von drei bis fünf Jahren wieder sinken: die Treibhausgasemissionen so weit reduzieren, dass diese keine Auswirkungen auf das Klima ausüben (Netto-Null-Emissionen). Dann könne sich die Atmosphäre in einigen Jahrzehnten wieder erholen.

Ja, wenn’s weiter nichts ist. Die Sache ist natürlich etwas komplizierter. Der erste Schritt wäre: das Verfeuern fossiler Brennstoffe stoppen, die Hauptursache für die Klimakrise. Was, so Gore, eben auch hieße, den Multis in die Parade zu fahren, die ökonomische in politische Macht verwandelt hätten – etwa durch Lobby-Aktivitäten und finanzielle Unterstützung von Wahlkampagnen (in den USA, wo stets die mit dem dicksten Finanzpolster die Wahl gewinnen, mehr als überall sonst).  

Gern mischen auch ehemalige Manager aus der fossilen Industrie in der Politik mit. Donald Trump machte Rex Tillerson, den einstigen Geschäftsführer des Ölgiganten ExxonMobil, zum Außenminister. Den nächsten Weltklimagipfel in den Vereinigten Arabischen Emiraten leitet Sultan al-Jaber, seines Zeichens Chef des staatlichen Ölkonzerns sowie im Nebenjob Industrieminister. Auch die EU hielt es für eine gute Idee, den früheren Shell-Manager Wopke Hoekstra zum Klimakommissar zu machen. Al Gore verweist darauf, dass die fossile Industrie zum letzten Klimagipfel mehr Delegierte schickte als die zehn am meisten von der Klimakrise betroffenen Staaten zusammen.

Was also tun? Gore schlägt vor, die Regeln so zu ändern, dass bei Klimakonferenzen nicht alles im Konsens entschieden werden muss und ein einziger Abweichler unter den Staaten alles torpedieren kann. Wie beim letzten Mal, als, Überraschung, Saudi-Arabien etwas dagegen hatte, dass fossile Energien auch nur erwähnt wurden. So eine Änderung werde kein Spaziergang, räumt selbst der Berufsoptimist ein. Drei Viertel der Vertragsstaaten müssten ihr zustimmen. Ich hoffe sehr, dass hinter den Kulissen bereits eifrig Netzwerke für so eine Regeländerung geknüpft werden. „Schwierig“ ist schließlich nicht gleichbedeutend mit „unmöglich“.

Vielleicht aber wird den Fossilen noch von ganz anderer Seite der Stecker gezogen. Achtzig Prozent der neu installierten elektrischen Leistung seien letztes Jahr aus Sonne und Wind generiert worden, sagt Gore. Forschende der Universität Exeter und des University College London haben ermittelt, dass die Sonne noch vor Mitte dieses Jahrhunderts zur weltweit wichtigsten Energiequelle werden könnte, vorausgesetzt, es werden ihr keine Bremsklötze in den Weg gelegt.

Na dann los, Bremsklötze weg und „Let the Sunshine In“! Damit meinten die Hippies im Musical „Hair“ anno 1969 zwar nicht die Fotovoltaik, sondern Frieden, Liebe und Harmonie. Aber hat man je einen Song gehört, der Öl und Gas mit so wunderbaren Dingen in Verbindung gebracht hätte? Eben.

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Unter Würstchenverdacht

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am 24. Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine. Fallschirmspringer landeten in Hostomel, einem Vorort von Kiew. Ihr Auftrag: Flughafen Hostomel einnehmen, Kiew erobern, Regierung stürzen. Es kam anders. Kein Tag ist seither vergangen, an dem wir nicht Geschichten, Reportagen und Augenzeugenberichte über die und aus der Ukraine gehört, gesehen oder gelesen haben. Und über Russland und dessen Herrscher, der sich vor den Augen der fassungslosen Deutschen vom allzeit zuverlässigen Gas- und Öllieferanten in einen Diktator mit imperialen Gelüsten und eigener Geschichtsschreibung verwandelte, der die Zeit zurückdrehen will.

Unter den amtierenden Autokraten macht Putin derzeit zweifellos am meisten von sich reden; da können andere leicht in Vergessenheit geraten, aber Studien wie zum Beispiel der Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung oder der Democracy Index der Economist Intelligence Unit (EIU) kommen leider zu dem Schluss, dass es auf der Welt mehr autokratische als demokratische Staaten gibt. Ja, die Demokratie ist in Gefahr, das ist keine leere Floskel.

Nicht alle sind lupenreine Diktaturen, es gibt Hybridformen, doch in den meisten dieser Länder regiert ein durch Putsch, Wahlen oder auch durch „Erbfolge“ ins Amt gelangter Machthaber, der um sich eine kleine Clique aus Jasagern versammelt hat. Er ist Oberbefehlshaber des Militärs, kontrolliert Presse und Medien, verfügt über eine willfährige Justiz, manipuliert Wahlen (falls überhaupt welche stattfinden), hat Opposition und Zivilgesellschaft weitgehend kaltgestellt und lässt Gegner verhaften, einsperren oder umbringen, selbst im Ausland. Oft muss man nicht lange suchen, bis man in seinem Dunstkreis auf Repräsentanten des Klerus stößt, ob Patriarchen, evangelikale Prediger oder Imame, die ihm treu zur Seite stehen. Manchmal bestimmen die Geistlichen auch selbst die Politik, siehe Iran.

So weit, so offensichtlich. Aber was sind das nun eigentlich für Menschen, besser gesagt: Männer? Besonders intelligent oder begabt müssen Autokraten, meint der Autor Frank Dikötter, nicht unbedingt sein, dafür eitel, machtbewusst und gerissen. Um an der Macht zu bleiben, hilft es, die engsten Vertrauten allzeit spüren lassen, dass sie jederzeit in Ungnade fallen könnten oder Schlimmeres. Und die Kunst des Lügens sollte man schon beherrschen.

Man kann ihnen nicht in den Kopf schauen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Putins und Xis, die Kims und Assads, die Lukaschenkos und die Afewerkis, auch die Erdoğans und Orbáns im Grunde ziemliche Würstchen sind. Da können sie noch so viel dröhnende Rhetorik absondern, Judo machen, Raketentests bejubeln und Militärparaden abschreiten, in Wirklichkeit, denke ich, sind sie leicht zu verunsichern. Denn kaum hebt irgendwo jemand auch nur eine Augenbraue, fühlen sie sich gekränkt. Oder sie behaupten, ihr Gott sei beleidigt. Mitleid haben sie allenfalls mit sich selbst, Empathie ist ihnen wesensfremd. Auch Humor und Selbstironie sind nicht nachweisbar. Wehe, es tauchen satirische Zeichnungen, Gedichte, Lieder, Artikel oder Posts auf – sofort geht es den Verfasserinnen und Verfassern an den Kragen. Kunst und Kultur stehen prinzipiell unter Generalverdacht.

Es reicht im Grunde wenig, um die Herren aus der Fassung zu bringen: eine strahlend lächelnde Frau, die mit ihren Händen ein Herz formt. Eine Person, die sich allein mit einem weißen Blatt auf einen leeren Platz stellt. Eine zierliche ältere Dame mit einer Blume im Haar. Mädchen, die ohne Kopftuch in den Straßen tanzen. Ein Video, das den wahren Reichtum des angeblich so bescheiden lebenden Machthabers enthüllt. Oder ein Vergleich der Physiognomie des Staatschefs mit Pu dem Bären – dieser grundsympathischen, wenn auch etwas verfressenen Figur „von sehr geringem Verstand“ aus dem gleichnamigen Kinderbuch. Da hilft nur noch, die Verwendung des Begriffs „Pu der Bär“ zu verbieten. So wie Tibet, Dalai Lama, Homosexualität oder auch Krieg, der in Russland nur noch „militärische Spezialoperation“ heißen darf. Orwell lässt grüßen.

Alles in allem glaube ich, die Mächtigen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit damit, sich zu fürchten, was sie natürlich nie zugeben würden. Wovor? Vor allem natürlich vor dem eigenen Volk. Denn die ganze Macht, der Pomp, die Propaganda, die Vorkoster, Leibwächter und Einflüsterer werden nichts mehr nützen, wenn die Massen die Geduld verlieren und ihrerseits keine Angst mehr haben.

Das ist geschehen und kann wieder geschehen. Und sei es nur, weil irgendwann ein Kind ausruft: „Der Kaiser hat ja gar nichts an!“

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Licht und Schatten

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2022 – ein annus horribilis, wie die im September verstorbene Queen das Jahr 1992 nannte? Vieles spricht dafür: Russlands Überfall auf die Ukraine, Energiekrise, Inflation, Corona-Folgen, brüchige Lieferketten, die fortschreitende Erderhitzung, eine Weltklimakonferenz mit äußerst dürftigen Ergebnissen. Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!, werden sich viele sagen.

Nicht lange nach dem 24. Februar wurde klar, dass Deutschland sich energiepolitisch von Putin nach allen Regeln der Kunst über seinen sehr, sehr langen Tisch hat ziehen lassen, unter freundlicher Mithilfe der deutschen Energiekonzerne sowie diverser Bundesregierungen. Statt Atomausstieg zum 31.12.2022 und zügigem Abschied von der Braunkohle wurden die Mottenkugeln eilends wieder zur Seite gelegt.

Im März sprach Finanzminister Christian Lindner (FDP) von „Freiheitsenergien“ und meinte die Erneuerbaren, im März fädelte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen Gas-Deal mit Katar ein. Flüssiggasterminals entstanden in sagenhafter Geschwindigkeit, Abermilliarden flossen und fließen weiterhin in die Erschließung neuer fossiler Energiequellen, statt eines Tempolimits gab es Tankrabatt, und während des extrem heißen Sommers versuchte die Bundesregierung eher halbherzig, die Deutschen schon mal auf einen Energiespar-Winter einzuschwören. Begriffe wie „Gasmangellage“ und „Blackout“ machten die Runde. In der Ostsee rissen Explosionen Löcher in die Nord-Stream-Pipelines. Alles kein Vergleich mit dem, was in der Ukraine tagtäglich geschieht.

Jammern und Klagen führt aber leider nur zu Stirnfalten und schlechter Laune, und da ich zufällig nebenberuflich im Silberstreifengeschäft arbeite, möchte ich Sie ungern ohne einen solchen ins neue Jahr verabschieden. Denn ein paar gar nicht mal so kleine energetische und klimapolitische Lichtblicke gab es tatsächlich auch.

An den Sommerhit des Jahres erinnern Sie sich bestimmt: das 9-Euro-Ticket, mit dem man im Juni, Juli und August kreuz und quer durch Deutschland gondeln konnte. Da ließen sich viele nicht zweimal bitten. 52 Millionen Tickets wurden verkauft, 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart.

Mit leichter Verspätung verabschiedete der Bundestag am 7. Juli das sogenannte Osterpaket, ein ganzes Bündel energiepolitischer Maßnahmen. Unter anderem soll die Stromversorgung bis 2035 fast ausschließlich aus erneuerbaren Energien kommen.

Deutschland allein kann den Klimawandel nicht aufhalten, aber auch anderswo geschahen interessante Dinge: Ende Mai wurde in Australien der konservative Premierminister Scott Morrison, ein knallharter Klimaleugner, abgewählt. Sein sozialdemokratischer Nachfolger Anthony Albanese hatte den Klimawandel zum Wahlkampfthema gemacht und versprach nach seinem Sieg, das Land (dessen Pro-Kopf-Emissionen an Treibhausgasen höher liegen als die der USA) zu einer „Supermacht der erneuerbaren Energien“ zu machen.

US-Präsident Joe Biden seinerseits ließ sich auch nicht lumpen: Mit dem Inflation Reduction Act sollen 369 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien fließen (aus europäischer Sicht allerdings mit dem Schönheitsfehler, dass bei dem Konjunkturprogramm nur amerikanische Firmen zum Zuge kommen sollen – Europa fühlt sich ausmanövriert, Beratungen und Verhandlungen sind im Gange). Ende Oktober gewann in Brasilien Lula da Silva knapp die Präsidentschaftswahl. Er hat versprochen, dem Klimaschutz Priorität einzuräumen und die illegale Abholzung des Regenwaldes zu stoppen.

Im November kehrte Deutschland wie zuvor schon Italien, Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich und Slowenien der Energiecharta den Rücken. Weil sich für eine Änderung des umstrittenen Vertragswerks keine Mehrheit findet, steht es vor dem Aus. Es sichert die Investitionen der fossilen Industrien und erlaubt es etwa Atom- und Kohlefirmen, Regierungen bei einem Ausstieg aus diesen Energien auf hohe Entschädigungssummen zu verklagen. Kurz vor Jahresende beschloss die EU noch einen Klimazoll, der für Produkte erhoben werden soll, wenn asiatische oder amerikanische Hersteller nicht für den Ausstoß von Treibhausgasen zahlen mussten.

Und schließlich – Tusch! Fanfare! – lockert Bayern seine strenge Abstandsregelung für Windräder. Muss man da nicht Hoffnung schöpfen und an eine Zeitenwende glauben? „Zeitenwende“ wurde vergangene Woche zum Wort des Jahres erkoren und schlug Konkurrenten wie Gaspreisbremse und Doppelwumms aus dem Felde. Glück gehabt, es hätte ja auch die, Achtung, Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung, kurz EnSikuMaV, werden können.

Ob 2022 nun grottenschlecht oder doch ganz ordentlich war, hängt für jede und jeden Einzelnen natürlich auch von der persönlichen Situation ab. Mögen die Zeiten sich 2023 für alle und auf allen Ebenen zum Guten oder wenigstens zum Besseren wenden.

Sofern Sie über die Feiertage ein bisschen Muße haben, werfen Sie doch mal einen Blick in diese Erzählungen zum Klimawandel von A-Z aus dem New Yorker. Sie lassen sich auch gut häppchenweise lesen. Sollte Ihnen eher nach Herzerwärmendem zumute sein, dann versuchen Sie es mal hiermit.

Wir lesen uns dann irgendwann im neuen Jahr wieder. Kommen Sie gut rein. Geht auch ohne Böller und Raketen.

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An alle Transformers!

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kürzlich schrieb uns ein Leser, der in Finnland lebt. Seit Jahrzehnten unterstützt er Greenpeace. Ideell – und mit Aktionen. Er war dabei, als Aktivistinnen und Aktivisten in diesem März in einem finnischen Güterbahnhof drei russische Kohlezüge eines Nachts mit den Slogans „NO COAL“, „NO WAR“ und „НЕТ ВОЙНЕ“ bepinselten. Die Züge rollten mit Antikohle- und Antikriegsbotschaft zurück nach Russland. Und der Leser fuhr seine Mitstreitenden im Kleinbus zurück nach Helsinki. Im Wagen, schreibt er, roch es ironischerweise nach „panssarimaali“, Panzerfarbe, die auch auf Güterzügen gut hält. Der Mond schien, die Leute schliefen und er, der Fahrer, hing seinen Gedanken nach.

„Für mich war der Name Greenpeace immer Programm“, schreibt er. Zum einen gebe es „keine sinnvolle Alternative zu einem bedingungslosen, grünen Weltfrieden“. Zum anderen glaube er, dass die Chance dafür „noch nie so gut war wie jetzt“. Er schrieb von der „Machbarkeit des Wandels“ und „glücklich machenden Pionierprojekten“. Als uns diese Zeilen erreichten, war das neue Greenpeace Magazin gerade in Druck gegangen. Sie passen gut zum Titelthema des Heftes, das heute erscheint – zum sozialökologischen Wandel, der ohne jede Übertreibung auch die Große Transformation genannt wird.

Kein Zurück auf Normal

Vielleicht standen die Chancen für den Wandel zur post-fossilen Gesellschaft, für die Rettung unserer Zukunft wirklich nie so gut wie jetzt. Vielleicht ist der entsetzliche Krieg einer Diktatur, die ihre Macht auf Kohle, Öl und Gas gründet, der Anstoß, auch den anderen entsetzlichen Krieg zu beenden: den Krieg der Menschen gegen das Klima. Beide Kriege sind fossiler Natur, und beide sind am Ende selbstzerstörerisch.  Aber reicht der Schrecken dieses Krisenjahres, damit Politik und Gesellschaft aufhören, Normalität zu simulieren, wo längst keine mehr ist? Werden wir uns der Tatsache stellen, dass es ein Zurück zum alten Normal nicht gibt?

Drei Tage nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine schien es einen Moment lang so. Damals sprach FDP-Chef Christian Lindner im Bundestag von Erneuerbaren als „Freiheitsenergien“. Es klang, als würde nun der Turbo für den grünen Frieden gezündet – zumindest erstmal für Windräder und Solarpaneele. Neun Monate später sind Genehmigungsrekorde aber vor allem für Flüssiggas-Terminals zu verzeichnen. Die Debatte, ob Deutschland selber fracken sollte, ist wieder auf dem Tisch. Im Abschlussprotokoll der Weltklimakonferenz fehlen die wichtigen Worte Öl- und Gasausstieg. Und Anfang dieser Woche – die Nationalelf schmorte noch bei Rekordhitze in der Winterwüste – sagte Qatar Energy Gaslieferungen nach Brunsbüttel zu. Keine riesigen Mengen, aber doch. Der viel kritisierte LNG-Deal läuft von 2026 bis 2041 – wenn Deutschland fast schon klimaneutral sein muss. Gerade entsteht also fossile Infrastruktur für Jahrzehnte, in denen sie nichts mehr zu suchen hat. Und ob sie auf Wasserstoff umgerüstet werden kann, wird von Fachleuten bezweifelt.

Wie geht Transformation?

Angesicht der Tendenz zum Festhalten am Alten haben wir in der Redaktion uns etwas verzagt gefragt, ob und wie die Große Transformation gelingen kann. Im Meckerteil unserer neuen Ausgabe zeigen wir unter anderem, wohin mehr als sechzig Milliarden Euro umweltschädliche Subventionen im Jahr fließen. Und mein Kollege Fred Grimm zeichnet in einem Report nach, wie die Regierungen der Merkel-Ära die Energiewende ausgebremst haben. Für die Recherche hat er unter anderem Peter Altmaier (CDU) getroffen, der im fraglichen Jahrzehnt mehrere relevante Ministerämter innehatte. Es waren interessante Gespräche.

Aber kommen wir zur Machbarkeit des Wandels und glücklich machenden Pionierprojekten! Thomas Merten ist für das neue Heft nach Wunsiedel gefahren und berichtet aus einer Kommune im Fränkischen, die weder reich noch schön ist, aber mit klugen Konzepten, Mut und Zusammenhalt in Richtung Energieautarkie strebt. Meine Kollegin Frauke Ladleif und ich haben mit der Zweiten Vorsitzenden der IG-Metall Christiane Benner und Wuppertals grünem Oberbürgermeister Uwe Schneidewind darüber gesprochen, was gegen die Angst vor Veränderung hilft – Schilderungen aus dem Maschinenraum der Transformation. Außerdem retten wir im neuen Greenpeace Magazin die Ehre eines utopischen Ortes, der oft als Schimpfwort herhalten muss: Bullerbü. Und wir zeigen, was Deutschland von anderen Ländern lernen kann.

Was Sie sonst noch wissen müssen

Neben dem Schwerpunkt haben wir für dieses Heft einen konventionellen Bauern besucht, der seinen Schweinen ihren Ringelschwanz lässt. Wir waren in Würgassen an der Weser, wo ein umstrittenes Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle entstehen soll, um Deutschlands Atommüllchaos zu bändigen. So viel sei verraten: Es ist erstaunlich, was alles so übrigbleiben wird, wenn das letzte Atomkraftwerk vom Netz geht. Und wir kümmern uns um tierfreie Weihnachtsbraten sowie die Frage: Wie gesund ist vegetarischer und veganer Fleischersatz – und warum ist der oft noch teurer als Fleisch?

Es erscheint mir übrigens verrückt, wie normal sich dieser Advent für uns im reichen Westen trotz Energiekrise bisher anfühlt. Inklusive Festbeleuchtung. Wie alle Jahre wieder beschäftigen uns Glühweinpreise, Wunschzettel und Menüplanung. In Kiew funkeln indessen nicht einmal sparsame LED-Sterne in den Straßen. Denn in der Ukraine lässt Putin gezielt lebenswichtige Infrastruktur bombardieren. Er benutzt, wie Nato-Generalsekretär Stoltenberg diese Woche sagte, den Winter als Waffe. Das ist – in den Worten des Gouverneurs der Oblast Kiew – „Energieterror“. In den nächsten Wochen werden deshalb wieder viele Menschen fliehen, auch nach Deutschland. Sie werden unsere Hilfe brauchen. Vielleicht haben Sie ja ein Zimmer frei?

Der Leser aus Finnland, der uns schrieb, wohnt in einer Jurte. Er betreibt eine Solaranlage, sein Wasser schöpft er aus einem Brunnen. Auch sonst lebt er auf kleinem Fuß. Schon klar: Das können wir jetzt nicht alle so machen. Umso wichtiger wäre eine Gesellschaft, aus der man nicht aussteigen muss, um das Richtige zu tun.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dem neuen Greenpeace Magazin und ein schönes Wochenende!

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Krisenhafte Zeiten? Nutzen wir sie! Redakteurin Katja Morgenthaler führt durchs neue Greenpeace Magazin
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